Beim Handelskrieg wird Deutschlands Exportstärke zu seiner größten Achillesferse!
Diese bedenklichen Maßnahmen sind zunächst der amerikanischen Innenpolitik geschuldet. Im November 2018 finden die nächsten Kongresswahlen statt. Nach diversen Affären ist der US-Präsident derzeit ähnlich beliebt wie Mäuse im Feinschmeckerrestaurant. Die Demokraten könnten Trumps Republikanern durchaus die Mehrheit wegnehmen. Also muss Trump bei seinen Stammwählern als Rambo, als Verteidiger der US-Handelsinteressen punkten.
Grundsätzlich ist Trump davon überzeugt, Handelskriege seien zu gewinnen. Seine Außenhandelsanalyse ist genial naiv: Was Amerika nicht importiert, produziert es eben selbst und schafft damit auch noch einen starken Industriestandort. Dass dann allerdings die internationale Arbeitsteilung - jeder macht das, was man am besten kann - deutlich weniger Mehrwert übrigens auch für die US-Wirtschaft und ihre Beschäftigten schafft, verschweigt dieses unorthodoxe Wirtschaftsgenie leider.
Der Glaube an den internationalen Freihandel ist nicht fest
Sicherlich sind andere Exportnationen auch keine Heiligen des Freihandels. China sieht sich zwar gerne als Verteidiger des freien Welthandels. Doch genauer betrachtet subventioniert Peking die Preise seines Exportstahls und -aluminiums dermaßen, dass die Konkurrenz in den USA keine marktwirtschaftliche Chance mehr hat.
Und Pharisäertum im Freihandel gibt es auch in der EU. Während Europa auf in die USA ausgeführte PKWs nur 2,5 Prozent Zoll zahlt, führen US-Autoexporteure in die andere Atlantik-Richtung 10 Prozent ab. Und während Amerika für fast 48 Prozent seiner Importe außerhalb der Landwirtschaft keinen Cent Zoll verlangt, gewährt die EU Zollbefreiung nur für etwa ein Viertel der US-Importe. Europa ist also protektionistischer als Amerika. Diese Sonderbehandlung der Amerikaner Europa gegenüber rührt teilweise noch aus der Zeit des Kalten Kriegs, als Europa als Bollwerk gegen den bösen Sowjet-Iwan gestützt werden sollte.
Natürlich sollte sich Europa nicht wie ein Ochse von den USA durch die Außenhandels-Manege führen lassen und als Gegenmaßnahme für Stahl- und Aluminiumzölle durchaus Importzölle auf Harleys, Feuerwasser, Jeans, meinetwegen sogar auf Pampers und Mars, Snickers und Milky Way verhängen. Das wäre aber noch kein Handelsstreit, sondern eher Handelsfolklore.
Einen Handelskrieg gegen die USA können Europa und Deutschland nicht gewinnen
Danach aber würde die Eskalation beginnen. Danach verursacht ein gegenseitiges Hochschaukeln von Handelsbarrieren und Strafzöllen Schmerzen, allerdings in Amerika aufgrund seiner im Vergleich größeren Binnenkonjunktur deutlich weniger als in Deutschland. Wir sind exportlastig, noch viel stärker als Frankreich und Italien.
Ein paar Fakten: Amerika ist für deutsche Autobauer nach der EU der zweibedeutendste Absatzmarkt. Daimler, BMW und VW haben 2017 mehr Autos in die USA ausgeführt als nach China. Und dabei habe ich andere Branchen mit starker US-Präsenz wie Maschinenbau, Elektro und Chemie noch gar nicht genannt. Wir sitzen in der Handelsfalle.
Handelspolitisch besonders bösartig wäre es, wenn Trumps Protektionismus nicht nur auf die makroökonomische Ebene, also auf Länder oder Wirtschaftsräume wie die EU abzielt, sondern ebenso mikroökonomisch auf Unternehmensseite. Dann begänne so etwas wie ein Ablasshandel wie im Mittelalter bei der katholischen Kirche, als man sich von Sünden freikaufen konnte. Ausfuhrstarke deutsche Unternehmen könnten in Form von Investitionen und Beschäftigungsaufbau in den USA ihre „Exportsünden“ vergessen machen. Und wer so in Amerika Sühne und Buße tut, wird auch nicht mehr vom obersten Handelsinquisitor Trump sanktioniert.
Der Pandabär ist nicht nur süß
Wenn Europa als von den USA verschmähte Handels-Geliebte jetzt von China hofiert wird, sollte es die wahren Absichten dieses neuen jugendlichen Liebhabers erkennen. Er ist ein Mitgiftjäger. Er gewährt intensive Handels-Liebesbeziehungen z.B. nur bei deutscher Einwilligung zu umfangreichen Investitionen Chinas in unsere Industrie- und Technologieperlen.
Auch die Beteiligung eines chinesischen Investors mit 10 Prozent an Daimler mit Aufsichtsratsposten entspricht dieser vernunftehelichen Logik. Das sind keine Portfolioinvestitionen, sondern strategische Zukäufe. Es werden Abhängigkeiten von China geschaffen: Nur wenn wir bei euch rein dürfen, könnt ihr bei uns weiter mitmachen. Deutschland ist in der Tat eine gute Partie.
Gegen kalten (Handels-)Krieg hilft nur friedliche Koexistenz
Mit eiskaltem Realismus ist vor allem das politische Berlin angehalten, einen exportpolitischen Totalschaden zu verhindern. Es muss das erste Meisterstück der neuen GroKo sein, die europäischen Polit-Krawallköpfe, die jetzt massive Handelsvergeltung üben wollen, zurückzupfeifen.
Trump sollte nicht gereizt werden wie ein Stier mit einem roten Tuch. Im Extremfall treten die USA nach dem Klimaabkommen auch noch aus der Welthandelsorganisation aus. Dann wird Trump auch noch Zölle auf Schwarzwälder Kuckucksuhren und bayerische Bierkrüge erheben.
Herr Trump erinnert mich an meinen früheren Erdkundelehrer, ein Choleriker vor dem Herrn. Damals mussten meine Mitschüler und ich immer sehr diplomatisch agieren, um ihn zu besänftigen. So muss es Brüssel und Berlin auch bei Trump tun. Zum Abbau von Handelshemmnissen könnte die EU die Zölle für amerikanische Güter auf das gleiche Niveau senken wie umgekehrt.
Das nimmt der Trump-Administration handelspolitische Munition. Erst Recht nach dem Rücktritt des obersten Wirtschaftsberaters Trumps - Gary Cohn als Freihandelsapostel - muss alles getan werden, um einen Rückfall in die nationalökonomische Steinzeit zu verhindern. Allerdings wird uns der Handelsprotektionismus mindestens noch bis zur amerikanischen Kongresswahl begleiten.
Europa muss endlich (wirtschafts-)politisch erwachsen werden
Aber auch ein Plan B wäre für Europa und Deutschland wichtig. Um dem deutschen Exportüberschuss entgegenzuwirken, wären erstens massive staatliche Infrastrukturinvestitionen in die heimische volkswirtschaftliche Substanz, in Straßen, Brücken, Energie- und Breitbandnetze und viel Bildung geeignete Maßnahmen. Gegen den international kalten Handels-Krieger Trump braucht man mehr nationale Nestwärme: Ist es draußen kühl und nass, macht es auch zu Hause Spaß.
Zweitens sollte sich Europa über Reformen wirtschaftlich so attraktiv machen, dass Unternehmen auf unserem Kontinent ähnlich festgehalten werden wie ein Gebiss mit Haftcreme. Hier allerdings lässt meine Zuversicht nach dem Wahlergebnis in Italien schon deutlich nach. Unklare politische Verhältnisse deuten nicht auf Aufbruch, sondern auf Weiter so!
Und drittens müsste sich Europa zusammenrotten, ein geopolitisches Gegengewicht zu Amerika und China bilden, damit man mit uns nicht den Molli machen kann. Es ist nicht Gott gewollt, dass Europa als Stück Parmesan zwischen der amerikanischen und chinesischen Käsereibe endet.
Ist Europa dazu fähig? Na ja, ich habe meine Wünsche und Hoffnungen ja nicht umsonst im Konjunktiv formuliert.
Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG: http://www.bondboard.de/main/pages/index/p/128
Kommentare
Diese Art des Protektionismus mag unpopulär sein, illegitim ist er nicht. Er stellt auch keinerlei Eingriff in originäre Eigentums- oder Freiheitsrechte dar. Schlussendlich sind auch die mittelbaren Auswirkungen von Handelshemmnissen nicht vorherbestimmbar (wie man gut am Beispiel der selten dämlichen „Russland-Sanktionen“ sieht).
Wesentlich ist, dass die vorherrschende Entwicklung beendet wird, und der Weg für ein neues Kapitel freigemacht wird. Deswegen: Danke, Trump !
„Plan B für Europa und Deutschland“ ? – Den gibt es, wenn überhaupt, OHNE
die EU. Denn was die anzurichten im Stande ist, kann gut an den BREXIT-
Verhandlungen beobachtet werden: Die EU mag eben weder Frieden noch Freiheit.
Tatsache ist: die vergangenen US-Administrationen haben die USA kaputt gemacht.
Uns wurde immer eingetrichtert, dass die USA so stark sei und seine Macht durchsetzt etc.
Das trifft höchstens auf die Finanzwirtschaft zu - wo uns allerdings das wichtigste stets verborgen bleibt.
Wie kann es sein, dass das "stärkste Land der Welt" so brutal schlechte Handelsabkommen geschlossen hat?
Wie kann es sein, dass Güter aus den USA so oft höher verzollt werden als die US-Importe?
Wie kann es sein, dass die US-Politiker mittels ihrer Wirtschaftspolitik der Großteil Ihrer Industrie abbauten und stattdessen v.a. China finanzierten (inkl. Sklavenarbeit) und den Chinesen gleichzeitig geistiges Eigentum quasi verschenkten?
Wer hat diese Deals geschlossen? Wie waren da Leute wie z.B. Giustra involviert?
Wer ist für den importierten qualitativ minderwertigen Stahl verantwortlich?
Was für Auswirkungen hat dies auf das Militär und Infrastruktur.
Warum kam jetzt das mit Kobe-Steel raus?
Haben Sie vom 16-Jahre Plan zur Zerstörung der USA gehört?
Sehen Sie, es war auch bei den Steuern so (Anpassung von Wirtschaftsfeindlichkeit auf den Durchschnitt). Alle haben rumgeheult aber dabei nicht den Status-Quo angesehen sondern blind auf die Propaganda vertraut, dass die USA doch mindestens so gut dasteht wie die Konkurrenz. Dem ist überhaupt nicht so. Die GDP-, Arbeitslosen- und eigentlich alle Wirtschaftszahlen aus den USA sind manipuliert um ein besseres Bild abzugeben.
übrigens, ein gutes Beispiel für ein falsches Verständnis des Status-Quo der USA, mindestens einige der von Ihnen genannte US-Artikel werden schon lange mit Importzöllen belegt...
Andererseits könnte man die "schmollende USA" doch ruhig schmollen lassen und neben China auch mit Moskau wieder netter umgehen. Hätte ggf. einen positiven Doppeleffekt. Der eine kommt zum Nachdenken der andere würde ggf. gerne mehr von uns kaufen.
Letztendlich hat in diesem Punkt Flassbeck zum Teil recht. In Deutschland spart dank Agenda 2010 seit Jahren jeder (der Privatsektor, der Staatssektor, die Wirtschaft). Seit Jahren sind wir Exportweltmeister und nun nicht nur in der Transfer-EU, sondern auch noch auf dem Weltmarkt gefangen in unserer Ecke. Was uns fehlt, dank zu geringer Löhne und zu wenig Infrastrukturprogramm ist der funktionierende Binnenmarkt... Ich befürchte nur, dass wenn der Crash kommt, dann stehen wir mit einer miserablen Infrastruktur und einem riesigen Heer mittelloser Arbeitsloser da, weil sich diese nie ein Polster bilden konnten... Unsere Auslandsvermögen lösen sich dann in Luft auf, weil sie schon seit geraumer Zeit reine Buchforderungen (gegenüber der EZB u.a.) sind. Die ursprünglichen Auslandsvermögen werden seit Jahren bewusst umgebucht oder stellen riesige Targetsalden dar (hier hat H.W. Sinn zweifellos recht).
Zu den USA:
Ja glaubt denn hier einer, dass die amerikanische Wirtschaft morgen die benötigten Waren wieder selbst herstellen kann ? Es fehlen die Facharbeiter, das know how und die Infrastruktur... Das gleiche Problem wie in England. Trump wurde vom sog. "white trash" gewählt, weil er Jobs versprach, die sich so leicht gar nicht schaffen lassen ! Deswegen fängt er mit Kohle und Stahl an; dort kann man am ehesten auf vorhandene Exbeschäftigte zurückgreifen... Mal eben ein Werk für LCD-Panels, Elektroartikel und weiße Ware aus dem Ärmel schütteln funktioniert nicht ! Man erinnere sich an die Probleme von BMW und Mercedes, dort das Personal zu schulen, damit sie überhaupt am Band arbeiten können.... Bis da ein Pool von Facharbeitern in der Lage ist, konkurrenzfähige Produkte auf den Markt zu bringen, dauert es Jahre..! Bei uns haben wir teilweise noch das Personal, sind aber nicht konkurrenzfähig, OBWOHL nach Produktivität die Löhne zu niedrig sind... Und das soll in den USA funktionieren, ohne den Personalpool zu haben...?? In einigen wenigen Bereichen vielleicht...
Ansonsten ergeht es denen wie den Engländern nach dem Brexit... Man sucht sich seine Nischen (in England die Finanzwirtschaft, ein wenig Automobilindustrie, Chemie und Nahrungsmittel...) und die Märkte, die früher mal tausende beschäftigt haben (Schiffbau, Kohle, Stahl... überhaupt Schwerindustrie, Maschinen- und Anlagenbau..) bleiben tot....
Wir Deutschen konnten uns mit unserem Mittelstand und unserer Qualität im Maschinen- und Anlagenbau nur bis heute retten... Und das gelang uns auch nur mit zu niedrigen Löhnen. Unter Schröder galten wir noch als kranker Mann Europas.... Das der Rest Europas boomte, lag an zu niedrigen Zinsen und riesigen Verschuldungsraten, wie wir heute wissen...
Und jetzt ist es eine Frage der Zeit, wann alle Schuldner ihre Insolvenz anmelden und der Gläubiger in die Röhre schaut... Genau dies wird gerade vorbereitet.
Mal ein Randgedanke..: Wenn sowohl England als auch die USA auf z.B. die Finanzwirtschaft setzen (und das haben beide schon immer getan), glaubt dann hier noch einer, dass sie die FATCA-Abkommen umsetzen...? Also ich nicht...